Das alte Rottenburger VHS-Gebäude in der Sprollstraße soll um einen Neubau erweitert werden. Das Baufeld liegt innerhalb des ummauerten römischen Stadtgebiets Sumelocennas, aber außerhalb der mittelalterlichen Stadt. Erst ab Mitte des 19. Jh. wurde das Areal wieder überbaut, wobei man im Umfeld auf allerlei römisches Mauerwerk stieß.
Gemeinsam ist all diesen Beobachtungen, dass die römischen Befunde von bis zu 2 m starken Lehmschichten überdeckt sind. Sie stammen von dem unweit vorbeifließenden Weggentalbach.
Beim Aushub der 570 m² großen Baugrube kam zunächst nur ein aus sorgfältig bearbeiteten Sandsteinen gesetzter, frühneuzeitlicher Brunnen zutage, der wohl zu den vormals hier bezeugten Gärten gehörte. Ein zweiter Brunnen konnte später im Südwesten dokumentiert werden.
Unter dem Schwemmlehm zeigte sich dann auf ganzer Fläche eine dunkle Kulturschicht mit verstreuten römischen Funden, die verschwemmt und umgelagert wirkte. Dies wird unterstrichen von zahlreichen Molluskenschalen.
Erst darunter zeichnen sich römische Befunde im basalen Neckarschotter bzw. in dem darüber liegenden Lehm ab.
Insgesamt konnten acht Eingrabungen dokumentiert werden. Die fünf tieferen Gruben haben oberhalb noch eine runde bis amorphe Form, nach unten hin aber eine rechteckige. Den Eindruck von einst holzverschalten Schächten bestätigen vier Eckpfostengruben in der Sohle einer der Grube. Die Bruchsteine in einer weiteren Grube erwiesen sich schließlich als Versturz ihrer nur ganz unten erhaltenen, trocken gesetzten Ausmauerung.
Die fünf Gruben bargen reichlich Haushalts- und Küchenabfälle in Form von Tierknochen und Gebrauchskeramik, sowie Verlustfunde wie Emaillefibel, Pinzette, Nadeln.
Da die Schächte den Grundwasserspiegel bestenfalls knapp erreichten, dürfte ihre Deutung als Latrine zutreffen. Die drei kleineren, jeweils neben den Latrinen gelegenen Gruben enthielten ähnliches Material, aber keine Einbauten. In diese wurde möglicherweise der Latrineninhalt umgefüllt.
Die fünf Latrinen liegen etwa in einer NW-SO orienteirten Reihe, in Abständen von rund einem bis sieben Metern. Sie lassen sich zwanglos in vier hypothetische, 8-9 m breite Parzellen von Streifenhäusern verteilen. Da wir hier die Latrinen haben, dürfte es sich um die Hinterhöfe handeln.
Im Südprofil wurde eine 30 cm breite, massiv gegründete Mauer erfasst. Im NO endet sie an einer Pfostengrube, wohl ein Türpfosten. Diese Mauer könnte das südlichste Grundstück begrenzen. Parallel dazu muss wenige Meter südlich die Stadtmauer Sumelocennas liegen.
Ein Keil aus umgelagerten Neckarschotter im Süden stammt vermutlich aus dem Spitzgraben vor der Stadtmauer und wurde stadtseitig vor der Parallelmauer, also im Hinterhof des südlichen Grundstücks, gelagert. Das spricht dafür, dass im Zuge des Stadtmauerbaus um 230 n. Chr. auch dieses Haus weichen musste. Die Kulutrschicht wurde offenbar danach angelagert, vielleicht erst nach der Aufgabe Sumelocennas um die Mitte des 3. Jh.
Quelle: Arch. Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2022, S. 182-185.
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